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Die Geschichte von Vamana, dem Zwerg

Es gibt, wie immer in Indien, eine Vielzahl an Variationen der Mythologie von Vamana, dem Zwerg, dem Namensgeber dieses Verlages. Daher sehen Sie es mir nach, wenn die Geschichte, die ich hier wiedergebe, vielleicht nicht ganz derjenigen entspricht, die Sie schon einmal gehört oder gelesen haben. Mit der Zeit stößt man immer wieder auf neue Details oder bekomme solche von gelehrten Personen zugetragen. Bevor ich eine Version der mythologischen Geschichten von Vamana erzähle, hier zuerst ein paar grundlegende Informationen.

Vamana, in Sanskrit वामन, und eigentlich "Vāmana" geschrieben, ist der fünfte und erste menschliche Avatar von Vishnu, einem der drei Götter, der Trimurti. Brahma ist der Gott der Schöpfung, Vishnu ist der Gott der Erhaltung, und Shiva der Gott der Zerstörung und des Neubeginns, oder, wie Jaya K. Sekhar ihn nennt, der "Recycler".

Die Geschichte von Vamana, dem Zwerg, findet im zweiten der vier Zeitalter statt, dem Treta-Yuga. In dieser Zeit gab es bereits die drei Welten: Himmel, Erde und Unterwelt.

Mahabali, der König der Asuras (Dämonen), war ein großer Herrscher und Menschenfreund und sein Volk liebte ihn, Bali machte sie glücklich und wohlhabend. Und nie lehnte er jemanden ab, der seine Hilfe suchte. Als z.B. einmal ein Adler als Raubtier einen Vogel jagte, flog der Vogel zu Bali und bat um Schutz. Bali schnitt ein Stück seines eigenen Oberschenkels ab, bot es dem Adler an und bat ihn er möge den Vogel verschonen. So erwarb er sich viel gutes Karma. Er wurde auch von seinem Großvater Prahlada und danach von seinem Lehrer Shukracharya in den Vedhas unterrichtet.

Den Göttern war Amrita, der Trank der Unsterblichkeit, ausgegangen. Um ihn zu bekommen, mussten sie den Milchozean aufquirlen, aber das gelang ihnen nicht ohne die Hilfe der Dämonen. Daher versprachen Sie den Asuras, dass diese auch etwas vom Amrita abbekommen sollten. Als der Amrita von dem Grund des Ozeans gehoben war, fiel den Göttern jedoch ein, dass es nicht in ihrem Interesse sei, dass auch die Dämonen unsterblich werden. Also beschlossen sie, die Dämonen zu töten.

Indra, der König der Götter, brachte Mahabali um, aber Shukracharya konnte Bali mit Hilfe seiner Macht und seiner Mantren wieder zum Leben erwecken. Mahabali verrichte viele Übungen zur Buße und schließlich verneigte er sich vor Brahma und sagte: "Die Menschen haben immer Angst vor den Asuras. Ich möchte der Welt zeigen, dass wir gut sind. Ich möchte die gleiche Macht haben wie Indra und im Kampf unbesiegbar werden. Brahma, der Bali für rechtschaffen hielt, gewährte ihm diese Bitte. Shukracharya lehrte Bali wie man einen Kampf strategisch plant und bald eroberte Bali die drei Welten. Selbst Indra konnte er besiegen und wohnte fortan im Himmel zusammen mit den Dämonen. Um jedoch für immer der Herrscher über die drei Welten sein zu können, musste er 100 Yagnas durchführen.

Vamana Bali Shukra Indra, aus dem Himmel vertrieben, war unglücklich und eifersüchtig und bat seine Mutter Aditi etwas zu unternehmen. Aditi betete zu Vishnu und nach einer langen Zeit erhörte Vishnu ihr Bitten und versprach ihr, dass er als ihr Sohn geboren werde. Und Aditi gebar Vamana, einen wunderschönen, dunkelhäutigen, kleinen und äußerst intelligenten Jungen.

In der Zwischenzeit hatte Mahabali 99 Ashwamedha Yagnas durchgeführt und musste nur noch ein weiteres Yagna durchführen, nach dem er zum König der Götter gekrönt werden konnte. Da erschien Vamana im Himmel in der Gestalt eines Brahmanen-Jungen. Bali fühlte sich von diesem Jungen angezogen und begrüßte ihn freundlich und bot ihm einen Platz an. Er sagte zu Vamana: "Du kommst gerade rechtzeitig, um an meinem hundertsten Ashwamedha Yagna teilzunehmen. Heute ist ein besonderer Tag. Es ist üblich, dass ein König den Brahmanen Almosen gibt. Was darf ich dir geben? Du darfst dir etwas wünschen, ich werde dir jede Bitte erfüllen. Shukracharya aber erkannte, dass Vamana nicht der war, der er zu sein schien, und warnte Bali davor dieses Versprechen zu erfüllen. Aber Bali wollte davon nichts hören und er war rechtschaffen und hielt immer sein Wort. Also fragte er Vamana noch einmal, welche Bitte er ihm erfüllen könne. Shukracharya ahnte, was kommen würde, aber er konnte Bali nicht von seinem Tun abhalten.

Der dunkle Junge schaute Mahabali ruhig an und antwortete: "Oh König der Dämonen, Ich möchte dich nur um drei Schritte deines Landes bitten, gemessen an meinen eigenen Schritten!" Was immer Mahabali erwartet hatte, das war es nicht! Fast hätte er gelacht. Er sagte: "Sei nicht töricht. Drei Schritte! Das ist alles was du willst? Du stehst vor Bali, glaubst du nicht, dass ich dir ganz andere Wünsche erfüllen kann?" Der Junge aber erwiderte: " "Ein Brahmane sollte nicht mehr verlangen, als er braucht. Ich brauche nur genug Land, auf dem ich schlafen kann." Der König schüttelte ungläubig den Kopf. "Mein lieber Vamana, obwohl du sehr gelehrt bist, bist du doch nur ein Junge. Deshalb bist du nicht so intelligent und weißt nicht, was das Beste für dich ist. Nutze diese Gelegenheit; ich könnte dir leicht einen ganzen Planeten schenken." "Ich danke dir." erwiderte Vamana. "Aber nur wer nicht gierig ist und sich mit dem zufrieden gibt, was Gott ihm gibt, ist wirklich glücklich. Wenn ich mit drei Schritten Land nicht zufrieden wäre, dann wäre ich auch mit einem ganzen Planeten unzufrieden. Und wenn ich einen Planeten besäße, dann würde ich sicher noch einen und noch einen wollen. Ein Mensch, der seine Gier nicht kontrollieren kann, kann nicht glücklich sein, selbst wenn ihm das ganze Universum gehört. Deshalb verlange ich von dir nur drei Schritte Land."

Shukracharya wollte noch dazwischen gehen, aber Bali sprach es schon aus: "In Ordnung", stimmte der König verärgert zu, "Was du dir wünschst, sollst du haben" und wusch Vamana die Füße. Kaum hatte er die Füße mit Wasser benetzt, da fing Vamana an zu wachsen. Er wurde immer größer und größer, und alles was es im Universum gibt schien in ihm zu sein. Mit seinem ersten Schritt bedeckte er das halbe Universum. Als sein zweiter Schritt über die himmlischen Planeten hinausging, durchstieß sein großer Zeh die Decke am Rande des Universums. Für seinen dritten Schritt blieb kein Quadratzentimeter Land übrig.

Vamana, nun in seiner ursprünglichen Gestalt als Lord Vishnu, sagte: "Oh großer König, dir gehörte alles Land im gesamten Universum bis hin zu Sonne, Mond und Sternen. Du hast mir drei Schritte versprochen ... Ich habe die Erde und den Himmel in zwei Schritten vermessen. Ich habe keinen Platz für meinen dritten Schritt. Wohin soll ich nun meinen Fuß setzen?

Vamana als Vishnu Bali war verblüfft. Wie konnte er sein Versprechen einhalten? Er erkannte, dass es Lord Vishnu selbst war, der als Zwerg erschienen war. Und dann sprach Mahabali und lächelte dabei: "Mein Herr! Ich bin nicht jemand, der seine Versprechen bricht. Du bist immer gut, ob Du nun strafst oder belohnst. Du scheinst mein Feind zu sein, denn Du stehst auf der Seite der Halbgötter. Aber in Wirklichkeit bist Du mein wahrer Freund und hilfst mir zu verstehen, dass dieses Leben und jeder Besitz nur vorübergehend sind. Nichts in dieser Welt entgeht dem Zahn der Zeit. Du hast mir all meinen Reichtum genommen, aber ich habe immer noch mich selbst. Bitte lege bei deinem dritten Schritt deinen Fuß auf mein Haupt."

Vamana, Lord Vishnu schenkte Bali ein wunderschönes Lächeln, ein melancholisches Lächeln, und setzte seinen dritten Schritt auf den Kopf des Asura. So wurde Mahabali seines Glanzes als König der drei Welten beraubt und in die Unterwelten gestoßen....

Indra und die anderen Devas kehrten in ihren Himmel zurück und waren dankbar, dass sie ihr Königreich zurückbekommen hatten. Sie waren glücklich.